Natürlich stellt man im Roussillon ausgezeichnete Rot- und Weißweine her! Da gibt es keinen Zweifel. Für mich ist diese Region jedoch schon immer Synonym für Süßweine gewesen, auf ähnliche Weise hergestellt wie Portwein, mit teils erstaunlichen Methoden beim Reifen und Altern. Eine der erstaunlichsten Arten des Reifens stellt sicherlich die traditionell aus Spanien stammende „Solera“ dar.
Um eine Solera zu kreieren, muss man zunächst eine aus mehreren Reihen übereinander gestapelter Weinfässer bestehenden „Criadera“ aufstellen. Die unterste Reihe von Fässern, am Boden, nennt man Solera, die darüber liegenden Reihen bezeichnet man entsprechend als erste, zweite, dritte usw. Criadera.
Die Solera liegt einem oxidativen Reifungsprinzip zu Grunde, was bedeutet, dass die Fässer niemals vollständig gefüllt werden. Eine relativ große Oberfläche des Weines befindet sich daher in Kontakt mit der Luft. Die untersten Fässer der Solera enthalten den ältesten Wein. Aus ihnen zieht man auch den Wein ab, der in Flaschen gefüllt werden soll, ohne die Fässer jemals ganz zu leeren. Anschließend füllt man die entnommene Menge in den Fässern mit Wein der ersten Criadera auf, die der ersten Criadera mit Wein aus der zweiten, die der zweiten Criadera... usw. Der obersten Criadera wird junger Wein zugefügt. Jedes Fass enthält also ein „Weingemisch“ mehrerer Jahrgänge. Eine Solera die seit einem halben Jahrhundert besteht, enthält daher auch eine gewisse Menge fünfzig Jahre alten Weins. In Spanien sagt man, eine Solera diene dazu, den jungen Wein mittels des alten zu erziehen...
Eine vor kurzem verkostete Flasche Rivesaltes Solera, die ich vor etwa 15 Jahren gekauft habe, zeigt sich ebenso vielschichtig wie das Aufbauen und Unterhalten einer Solera im Keller. Obwohl ausschließlich aus weißen Trauben hergestellt (Grenache gris und Macabeu), überrascht der Wein mit einer tiefdunklen Bernsteinfarbe und einem pechschwarze Depot, dass an der Flasche klebt.
- Rivesaltes Solera
Ein kräftiges Bouquet quillt förmlich aus dem Glas heraus: Zimt, Karamell, Trockenblumen und Tabak, getrocknete Aprikosen und Rosinen und ein angenehm undefinierbarer Duft nach „alten Büchern“. Ganz schön viel Poesie im Glas! Der Mund ist angenehm, wenn auch etwas weniger spannend, als die Nase. Rund und weich, angenehm samtig aber nicht schwerfällig. Im Abgang spürt man zwar die schlappen 16% Alkohol, aber es fällt nicht schwer, der alten Dame diesen Ausrutscher zu verzeihen.
Zigarrengenuss, Pralinen-Freund und, sehr überraschend, hervorragend zum Aperitif mit zartem und hauchdünnem Pata Negra Schinken...